Frauen im Lehrberuf

In Zeiten der sogenannten Bildungsbaustelle, also der Anpassung des Schulsystems an die Aussenwelt, also Europa, ist es durchaus interessant, ein bisschen in der Mottenkiste der Schulgeschichte herumzustöbern..

(aus dem Schulmuseum in Friedrichshafen am Bodensee)

Frauen im Lehrberuf 

„Die Frau ist der Berufsausbildung körperlich, geistig und nervlich nicht gewachsen. Mädchen, die mit 20 Jahren in blühender Schönheit in das Amt treten, sehen schon nach einer Arbeit von 6-8 Jahren wie ganz verblühte alte Jungfern aus. Im Alter von 30-35 Jahren, wenn der Jüngling im Lehrberuf erst recht zu eben der durch ernste Studien und Vorarbeiten erlangten Kraft sich recht zu freuen beginnt, sind die Lehrerinnen oft bereits ganz gebrochen, nervös, leidend, beständig kränklich und erfüllen ihre Pflichten ohne Freudigkeit unter inneren Qualen. Mit 40 Jahren haben fast alle ohne Unterschied mit beständigem Siechtum zu kämpfen, so dass ihr Leben von dieser Zeit an als ein im Grunde trauriges bezeichnet werden muss. (1898).  Nur dem Manne gebührt eine Stellung in der Öffentlichkeit.„der Mann ist der Erhalter und Fortsetzer der Kultur. Alle Gebiete des öffentlichen Lebens, die dem Kulturfortschritte dienen, sind sein Tätigkeitsbereich: mithin gehört ihm auch die Schule.“ (1916)

Der männliche Lehrer ist geeigneter für die Erziehung von Mädchen „da nur der Mann das Weib erziehen kann. Er weiss es besser als sie selbst, welche Eigenschaften ihm an ihr am besten gefallen, am wünschenswertesten sind, welche die notwendigen Ergänzungen seiner eigenen Natur bilden.“ (1896)

 Diese kurze Abhandlung ist zwar aus Deutschland, aber durchaus auch für die Schweiz relevant gewesen. Heute sind in der Primarschule fast ausschliesslich Frauen beim Unterrichten anzutreffen, dies auch mit einigem Elan, trotz Kinderkriegen und Alleinerziehen. Natürlich haben sich gesellschaftliche Verhältnisse geändert, das Frauenstimmrecht wurde eingeführt, als eine der letzten Länder in Europa übrigens, genau wie das Bildungswesen jetzt. Mit der Umsetzung der gesetzlichen Gleichstellung sollten ja derart entmutigende Prognosen für 40jährige Frauen und die damals allgemeingültigen Gewissheiten im Lehrberuf eigentlich der Vergangenheit angehören. Äusserlich kann ich dem freudvoll zustimmen. Die Frage ist, ob solch rigide Gedankenmuster sich auch innerlich auf beiden Seiten so schnell auflösen lassen. Es braucht eine gewisse Zeit um neue Spuren des Verhaltens und Denkens zu legen und zu festigen. Was die Erhalter und Fortsetzer der Kultur erreicht haben, soll keinesfalls nur in Frage gestellt werden. Die Gewichtung hin zu humanerem Lerntempo , lustvollerer Lernumgebung, zum gemeinsamen Mitdenken an aktuellen Problemen der Gesellschaft und zur Förderung eigenständigen Denkens bei beiden Geschlechtern ist aber unabdingbar, will man in Zukunft Menschen, die anpacken können, was Generationen vor ihnen als riesiges Problempacket hinterlassen haben.

Immer noch, scheint mir, ist die Arbeit der Lehrerinnen stark abhängig von intellektuellen  und wirtschaftlichen Vorgaben, werden emotionelle, selbstbewusstseinstärkende Lerninhalte ins Elternhaus oder Freizeit geschoben. Dabei reagieren Kinder aller Alterstufe in erster Linie auf begeisterte, fröhliche Lehrpersonen, nehmen Inhalte über Lust und Authenzität der Lernthemen eher auf und behalten sie besser.

 

Grade im Hinblick auf kommende Änderungen, wie Eingangsstufe und Tagesschule muss auch das Selbstbewusstsein und die Sozialkompetenz der Lehrpersonen gestärkt werden, dies am Besten bevor die Änderung festgelegt wird. Sonst wird man nur Unruhe, Misstrauen und Verwirrung auslösen.

Da hat sowohl Wirtschaft als auch Staat eine grosse Verantwortung, es ist nicht zeitgemäss, weiterhin an starren Rollenbildern festzuhalten.

Wirklich aktuell wäre die Verlangsamung des Zeittempos, um Themen Platz zu schaffen, wie Selbstreflexion, Zusammenarbeit, Integrationsarbeit auf verschiedenen Ebenen und natürlich das Grundeinkommen. Weil der Mensch an sich gerne lebt und sich auch gerne einsetzt, wie uns die Kinder deutlich daran erinnern. 

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