die heutige Jugend

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Schon vor zweitausend Jahren hat der berühmte griechische Philosoph Sokrates bemängelt, dass die Sprache der Jugend immer wie verwerflicher und ihr Handeln immer wie unkultivierter werde. Heute tönt es nicht viel anders.
Ich habe neulich irgendwo aus der Fachwelt für Bildung und Erziehung gelesen, dass das eigentlich vollkommen logisch sei, dass eine steigende Anzahl von Schüler im Unterricht heute deswegen so unkonzentriert sei, weil sie sich in ihrer Freizeit sehr häufig mit elektronischen Spielen betätigen würde. Diese seien normalerweise sehr adrenalinausstossfördernd und würden höchste Konzentration und Schnelligkeit erfordern, was dann bei den Kids bewirken würde, dass sie in der Schule gewissermassen auf „Entspannungs“-Modus schalten täten und dies äussere sich, je nach Typ entweder durch Trägheit oder Hyperaktivität, aufjedenfall NICHT auf den Unterricht konzentriert.
Das tönt logisch. Ich bin selbst seit dreissig Jahren als Lehrperson im Schulwesen, und seit 12 Jahren als Theaterpädogin tätig und kann wesentliche Veränderungen bei den Kindern erkennen und bestätigen.

In Lehrerkreisen ist man in der Tat öfters stark verunsichert, weil diverse Phänomene zunehmen, wie lethargisches Desinteresse, Sprachschwierigkeiten, assoziales, rebellisches Verhalten, unkonzentrierte Nervosität, etc.
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Um hier kurz für das Kind Partei zu nehmen: Warum erfindet die Erwachsenenwelt solch enorm spannenden Instrumente, wenn sie nachher nicht mit den Folgen und Veränderungen im Alltag umgehen kann? Computer,Mobile, I-Phone, ständige Internetverbindung, Kriegs-, Strategie-, Abenteuer-Games, etc. ziehen heutzutage enorme Aufmerksamkeitsenergien ab, die fehlen dann in der Schule.
Die Frage ist, ob diese Folgen radikal bekämpft werden müssen? Vielleicht damit alles bei einem Alten bleibt, welches schon längst nicht mehr funktionieren kann, weil das Umfeld sich ebenfalls radikal verändert hat.

Ein indianisches Sprichwort sagt: „Ein totes Pferd kann man nicht mehr reiten.“ Genau das scheint man aber zur Zeit zu versuchen.
Als ob man die Geister, die man gerufen hat, auf herkömmliche Weise wieder weiss der Teufel wohin zurückschicken wolle.
Damit das nach der Meinung von ganz „Oben“ (wovon auch niemand genau weiss, wo das ist), klappt, wird versucht mit Einengung, Straf- und medizinischen Massnahmen dagegen vorzugehen.
Die Konsumation von Medikamenten, welche Kinder zur Ruhe und Konzentration bringen sollen, hat in enormen Masse zugenommen. Sicher, man sagt, dass diese Psychopharmaka Einigen segensreich geholfen haben sollen. Man hört aber auch, dass Empathie und Mitgefühl dadurch ebenfalls abnehmen können.
Müssen die SchülerInnen sich um jeden Preis einer Wirtschaft anpassen, die ohnehin nicht das Wohl aller Menschen im Visier hat, sondern die Bereicherung und die Sicherung des Wohlstands einiger weniger?

Um Einstein zu zitieren:
„Wir können unsere Probleme nicht mit den selbem Gedanken lösen, mit denen wir sie geschaffen haben!“
Das Gesetz des Stärkeren muss einem Gesetz der Stärkung jedes einzelnen Individuums weichen. Die Kette ist immer so stark, wie ihr schwächstes Glied…
Das würde auch bedeuten, dass wir uns nicht mehr gezwungenermassen unterordnen, sondern freiwillig einordnen.
Die Schwierigkeit dabei ist, dass die meisten Menschen Mühe haben, ihrem Mitmenschen zu vertrauen und darum auch nicht daran glauben, dass eine Gesellschaft der Freiwilligkeit, ohne Überlebensdruck und Wettbewerb den nötigen Antrieb  hätte und die Gesellschaft darum in der Trägheit und somit im Chaos versinken würde.
Bei einer Umfrage zum Thema „Grundeinkommen“ in einigen Schweizer Städten haben zur Frage, was sie denken, was die anderen Leute mit einem Grundeinkommen machen täten, 80% der Befragten geantwortet, sie würden nicht dran glauben, dass das funktionieren könne, weil dann ja fast keiner mehr arbeiten gehen würde.
Als man sie aber fragte, was sie selber dann tun würden, haben fast ebenso viele Befragten ausgesagt, sie würden auf jeden fall weiterarbeiten, vielleicht nicht mehr so viel, oder was anderes.
Das zeigt eigentlich deutlich auf, wie wir unsere Mitmenschen sehen, nämlich weniger tüchtig und getrennt von uns. Wettbewerb und Konkurrenz verbauen uns die Sicht auf unsere naturgegebenen menschlichen Anlagen, wie Empathie, Geselligkeit, Freude und Lust am Lernen und Arbeiten mit Anderen oder alleine, oder beides.
Die jetzigen Eigenschaften der Gesellschaft wie Abgrenzung, Ellbogenehrgeiz, Gedankenlosigkeit der Umwelt gegenüber, Krieg und Hungernlassen von Millionen scheinen mir nicht ein Zeichen von hoher kultureller Entwicklung zu sein, sondern eher das Ergebnis einer Gesellschaft, die sich der Maximierung von Stammhirneigenschaften verpflichtet hat.
Was genau ist also so falsch an den heutigen Jugendlichen? Sie orientieren sich doch nur an dem was die Gesellschaft auch tut.
Brot und Spiele, wie gehabt.
Sich darüber aufzuregen, ist entweder Scheuklappenmentalität oder Heuchelei. Punkt.
Der Schlusssatz kommt von Tolstoi:
„Alle wollen die Welt verändern, aber keiner will sich selbst verändern.“