Wort zum Samstag!

Konstantin Wecker-Konzert, kürzlich, in Brugg! Der Mann sieht aus wie ein Wandschrank und da hats nach all den Jahren auch entsprechend viel drin! Er spricht, singt, schreit über die innigsten Themen des Menschen und somit auch über die globalen, da wir nun ja, dank der Frauenbewegung in den 70er Jahren rund um Alice Schwarzer zur Genüge wissen sollten, dass das Private auch gleich das Politische, Öffentliche ist. Wie häufig wird die Beschäftigung mit seiner eigenen Person, die Selbstreflexion, das Hinterfragen seines Handelns, der Schmerz der beim Umprogrammieren von alten, überfälligen Mustern entsteht, nur gerade den Künstlern zugestanden, und ansonsten als Egozentrismus abgetan, oder sogar in den Bereich des persönlichen psychischen Krankseins geschoben. Genau das Gegenteil ist der Fall.

Wir sind alle aufgefordert kreative Künstler zu werden und es ist lebensnot-wendig wichtig geworden, dass wir die Zusammenhänge zwischen der einzelnen Person, Beziehungsproblemen, Ressourcenknappheit und Krieg erkennen lernen. Die Gesellschaft krankt. (Was? Ich übertreibe? Guckt mal TV nach 22 h!)

Um alte zerstörerische Rollenbilder zu ändern, braucht es das Erkennen, dass es keine Schuldigen gibt, nur Infizierte. Es ist der schmerzhafteste und deshalb schwierigste Prozess, den wir durchstehen müssen, um das Kranksein der Gesellschaft zu überwinden. Wir alle steuern sonst das Menschheitsboot in Richtung Untergangswirbel.

Viel bequemer scheint es aber, sich einer Gruppe anzuschliessen und die Faust in die Luft, oder gegen den Nachbarn zu ballen.

Wir können nicht Toleranz lernen, wenn wir gar nicht wissen, was sie ist. Das Wort leitet sich vom lateinischen „tolerare“ ab, und das bedeutet „ertragen“. Wie soll der Mensch andere Menschen oder Völker tolerieren können, wenn er sich selbst schlecht erträgt? Wie soll Toleranz und Liebe ohne nötige Transparenz und klare offene, selbstreflektierte Kommunikation gelebt werden können?

Wird uns nicht von Anfang an mitgeteilt, dass das Leben nur erträglich ist, wenn ich von Aussen konsumiere und mich von Aussen bewerten lasse, um meine innere Leere zu füllen? Ist es wirklich so leer in uns, oder haben wir nicht viel mehr aufgehört hinzusehen, wie reichhaltig wir sind? Manchmal steigt vielleicht eine Ahnung hoch, dass etwas nicht stimmt, mit der Richtung wo wir hinsteuern, aber wir lenken uns dann schulterzuckend ab von solch unangenehmen, wenn auch durchaus ernst zu nehmenden Empfindungen.

Unsere Kinder haben noch die nötige wertungsfreie Kritik unser System zu ändern, indem sie bedingungslos lieben können. Wir sollten sie besser beobachten und lernen uns wieder davon befruchten zu lassen, statt ihnen ständig nur unser Ein-Weg-Wissen aufzudrängen.

Meine Tochter hatte als damals frischgebackene Primarschülerin nachts einen Traum, der meiner Meinung nach wunderbar wiedergibt, wie wir zu wirtschafsgerecht funktionierenden Schafen werden. Ihr Traum beschreibt eine weite leere Umgebung, in der zentral ein weisses ovales Häusschen steht, mit einer Türe aber ohne Fenster. Vor dieser Türe reiht sich eine lange Schlange aus Kindern, die darauf warten, einzeln in dieses Häusschen hinein gehen zu müssen. Ich fragte sie, was denn da drinnen passieren würde und sie sagte mir beiläufig: „Ach, da stehen wir jedentag hin, da wird dir der Wille rausgeholt!“

Der Wille um lustvoll und eigenbestimmt zu leben und zu lernen. So wie uns ein wesentlich älteres Programm führen würde.

Die Lösung für diese alltägliche Tragödie liegt direkt vor uns:

-Erziehung der Kinder zu zivilem Ungehorsam gegenüber menschenverachtenden Regelungen, die sowieso nur von einer Elite von Menschen gesteuert werden, um andere Menschen wie Batterien zu behandeln, dies erinnert an das Verhalten von Krebsviren.

-Erziehung hin zu Empathie und ökologischem Bewusstsein.

-Kein Wertesystem mehr, sondern Erkennen der Talente jedes Einzelnen.

Willenlosigkeit ist Ohnmacht und die verspüren wir alle, wenn wir wiedermal angesichts des schnellen Tempos Richtung Zerstörung unserer inneren und äusseren Lebensräume die Schultern zucken und uns einreden, dass sich nur wegen unserer Person eh nix ändern wird. Wir orientieren uns an der Tatsache, dass es Krieg und Hunger schon immer gab.

Wie weit aber geht unsere Erinnerung zurück? Gibt’s da nicht irgendeine klitzekleine Ahnung (Das Wort kommt übrigens von Ahne, Vorfahre), dass es vielleicht auch schon mal andere Zeiten gegeben hat, die tief in unserem Innern darauf warten, hervorgeholt, transformiert und neu gelebt zu werden? Ein Paradies, dass nicht im Jenseits, sondern genau vor unserer Nase sein könnte?

Es ist jederzeit möglich, den Kurs zu ändern, der Anfang läuft im Erweitern des Tunnelblicks, in der Selbstreflexion und im Aufgeben vom Täter/Opfer-Denken. Harter Weg. Es gibt dazu eine interessante uralte Geschichte von „Einem der auszog, das Fürchten zu lernen“., zu finden bei den Gebrüder Grimm-Märchen. Der harte Weg ist aber sogleich der spannendere, wildere und lustvollere. Wenn wir lernen, wieviele schwarze, unbekannte Seiten wir haben, und diese zu uns nehmen , können wir sie bei anderen Menschen auch sehen und ihnen mithelfen, sie ans Licht zu ziehen.

Wir können dann auch Toleranz empfinden, weil wir selber wissen, welchen Krampf wir hatten, wie klein und unbedeutend wir uns auf diesem Weg manchmal gefühlt haben, und wie wohl uns war, wenn es jemand wahrgenommen und uns getröstet und uns aufgemuntert hat, weiterzugehen, zu hüpfen, zu tanzen.

Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin!

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